Warum steigen die Energiepreise?
Die Energiepreise steigen seit Monaten stark an — und das nicht erst seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine. Das betrifft Strom, Gas und auch Kraftstoffe für das Auto. Aber warum ist das so? Die Hauptgründe im Überblick:
Einerseits schließen Stromabnehmer Verträge mit Stromanbietern, andererseits wird Strom seit der Liberalisierung des Strommarkts (1998) an der Börse gehandelt. Das erfolgt an der EEX, der “European Energy Exchange” (Strombörse) in Leipzig bzw. der EPEX-Spot in Paris.
Dort gilt das sogenannte “Merit-Order-Prinzip”: Strom wird zu verschiedenen Preisen angeboten. Erneuerbare Energien sind dabei am günstigsten und werden bevorzugt eingespeist. Zuerst wird der günstigste Strom verkauft, danach das zweitgünstigste usw., bis die Nachfrage gedeckt ist. Das letzte Gebot, das einen Zuschlag erhält, bestimmt den Strompreis. Der Preis für Energie wird also durch das jeweils teuerste Kraftwerk (das so genannte “Grenzkraftwerk”) bestimmt.
Das führt auch so sogenannten Windfall-Profits — also Profiten, die “vom Himmel fallen”. Denn obwohl die Erzeugung von Energie bei bestimmten Anbietern genauso viel kostet wie vorher, erzielen diese plötzlich einen deutlich höheren Preis für die gleiche verkaufte Energiemenge.
Die Großmarktpreise für Strom sind im Vergleich zum Vorjahr erheblich gestiegen. Lag der Marktpreis für kurzfristige Stromlieferungen (Spotmarktpreis) im Oktober 2020 durchschnittlich noch bei gut 3 Cent pro Kilowattstunde, stieg er bis Oktober 2021 auf knapp 14ct/kWh.
- Haupttreiber für den Strompreis ist zurzeit der hohe Gaspreis. 12,1 Prozent des deutschen Stroms wurde 2020 aus Erdgas erzeugt. In Gaskraftwerken erzeugter Strom ist in der Regel preisbestimmend an den Strombörsen, da die Kraftwerke mit den höchsten Erzeugungskosten den Preis für sämtlichen gehandelten Strom bestimmen. Gaskraftwerke werden zugeschaltet, wenn nicht genügend Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Kohle zur Verfügung steht. Der derzeit hohe Gaspreis schlägt so direkt auf den Strompreis durch.
- Teurer werdende Zertifikate des EU-Emissionshandels für Strom aus fossilen Quellen sind ein weiterer Grund für den Anstieg der Strompreise. Sie machen allerdings nur knapp ein Fünftel des Preisanstiegs aus. Vier Fünftel des Preisanstiegs gehen auf das Konto der hohen Gaspreise.
Die Ursachen für den Anstieg der Benzin- und Dieselpreise sind vielfältig.
- Gewinnmitnahme der Konzerne: Die Überschüsse der Mineralölkonzerne sind in zweitweise kräftig gewachsen.
- Putins Angriffskrieg auf die Ukraine und die Abhängigkeit von Ressourcen als Russland spielen derzeit eine große Rolle.
- Verstärkt wird das ganze durch Spekulation - denn die Preise steigen teilweise, obwohl nicht weniger Öl ankommt.
- Dazu kommt eine schon vorher eingetretene recht hohe Nachfrage nach Rohöl auf dem Weltmarkt infolge des wirtschaftlichen Aufschwungs nach dem zwischenzeitlichen Abklingen der Corona-Pandemie. Im Vergleich zur Nachfrage steigt die Fördermenge nur sehr langsam.
- Verstärkend wirkt sich aus, dass sich die Mehrwertsteuer beim Kraftstoff auf Kosten und Gewinn bezieht. Dadurch fällt der Anstieg der Benzinpreise an der Tankstelle stärker aus als der des Rohölpreises.
- Auch die Entwicklung des Euro-Dollar-Wechselkurses hat sich in den letzten Monaten nachteilig auf die Benzinpreisentwicklung ausgewirkt.
- Nur vergleichsweise geringe Auswirkungen hat hingegen der Anfang 2021 in Kraft getretene CO2-Preis. Er macht derzeit nur 7 bis 8 Cent pro Liter aus, circa fünf Prozent des Gesamtpreises. Zum 1. Januar 2022 steigt er noch einmal um rund 2 Cent.
DIE LINKE setzt auf ein „Mobilitätsgeld“ als Ausgleich für alle Beschäftigten, die zu ihrer Arbeitsstelle pendeln müssen. Das Mobilitätsgeld ersetzt die bisherige Entfernungspauschale („Pendlerpauschale“) und wird als fester Betrag pro Kilometer Arbeitsweg gezahlt. Dieser ist für alle gleich hoch. So wird vermieden, dass Menschen mit höheren Einkommen bevorteilt werden – sie konnten die Entfernungspauschale bisher von ihrem zu versteuernden Einkommen absetzen. Wer so wenig verdient, dass sie oder er kaum Steuern zahlt, konnte nichts absetzen. Das Mobilitätsgeld bekommen alle unabhängig vom genutzten Verkehrsmittel.
Menschen mit geringem Einkommen, die gezwungen sind mit dem Auto zur Arbeit zu pendeln, weil der ÖPNV zu schlecht ausgebaut ist, leiden besonders unter den steigenden Benzinpreisen – da wird das Mobilitätsgeld allein nicht ausreichen. DIE LINKE fordert deshalb – im Rahmen eines „Entlastungspakets Preissteigerung“ – eine Einmalzahlung von 200 Euro an alle Menschen, die unter der Armutsrisikoschwelle liegen. Die Armutsquote liegt bei knapp 16 Prozent. 13 Millionen Menschen würden von der Einmalzahlung profitieren.
Auch hier spielt der Angriffskrieg auf die Ukraine und die Abhängigkeit russischem Gas eine große Rolle. Verstärkt wird das ganze durch Spekulation, denn der Preis geht dadurch auch nach oben, wenn es noch gar keine faktische Verknappung gibt. Schon vorher gab es auf dem globalen Gasmarkt große Knappheit. Die Gründe dafür sind vielfältig:
- Geringe Investitionen in neue Förderkapazitäten, teils aufgrund niedriger Rentabilität in den letzten Jahren. Die Coronakrise sorgte für einen nochmaligen Einbruch um knapp ein Viertel. Das Ergebnis ist ein Zyklus, bei dem auf Jahre mit wenigen Investitionen und niedrigen Preisen eine Knappheit folgt, die dann zu hohen Preisausschlägen führt.
- Insbesondere aus Asien wurde die Gas-Nachfrage angetrieben, die sich dort deutlich schneller erholt hat als erwartet. Weil auch auf den Steinkohlemärkten Knappheit herrscht, wurde die Gasnachfrage zusätzlich beheizt.
- Der letzte Winter war in vielen Teilen der Nordhalbkugel lang. Er führte zu weit geleerten Gasspeichern im Frühling.
Die CO2-Bepreisung für Brennstoffe im Wärme- und Mobilitätssektor, die in der Bundesrepublik seit Januar 2021 gilt, machte vor dem Preisanstieg etwa 7 Prozent des Gaspreises aus.
Eine Unterstützung für benachteiligte Haushalte bei den Gaspreisen darf nicht dazu führen, den notwendigen Ausstieg aus fossilem Erdgas zu verzögern. Für eine klimaneutrale Gesellschaft bis 2035 muss auch ein Ausstieg aus der Verbrennung von fossilem Erdgas erfolgen. DIE LINKE will dafür ein Erdgasausstiegsgesetz mit verbindlichem Ausstiegspfad und sozialer Absicherung betroffener Beschäftigter und Regionen. Neue Gasinfrastruktur jenseits einiger weniger Backup-Gaskraftwerke für kurze Einsatzzeiten sollte als falscher Pfad nicht mehr neu errichtet werden. Die bestehende Infrastruktur reicht insbesondere im Gasnetz auf lange Sicht aus.